Die 75. Berlinale hatte einige Filme zu bieten, die den Alltag in der Pflege bzw. im Gesundheitswesen beleuchten und/oder ostdeutsche Geschichten erzählen. In der Retrospective liefen 15 Genrefilme der 1970er-Jahre aus Ost- und Westdeutschland. Motto: „Wild, schräg, blutig“. Der DDR-Streifen aus „Nicht schummeln, Liebling“ (Don’t Cheat, Darling!) sorgte für zahlreiche Lacher, aber auch für Kopfschütteln.
Beste Musik auf der Berlinale 2025

Dorit Gäbler, Chris Doerk und Annika Haupts finden das DDR-Musical von 1972/73 noch heute toll.
„Das beste Musical, das Sie bei dieser Berlinale sehen werden“, kündigte Programmkoordinatorin Annika Haupts im Beisein der beiden ehemaligen Hauptdarstellerinnen Chris Doerk und Dorit Gäbler an. Diese gaben einige Anekdoten vom Set zum Besten. Was Ordentliches solle sie machen, hatte der Dresdner Theatermime Rolf Hoppe seiner Kollegin Dorit Gäbler mit auf den Weg zum Dreh gegeben. Sängerin Chris Doerk hatte nie Schauspielunterricht. Das Lied „Der Mann gehört mir“ samt Szene gefällt ihr heute noch am besten. Welchen Ärger sie mit einem Schwein hatte und wofür die handballerfahrene Dorit Gäbler eine Rüge am Set erhielt, amüsierte das Saal-Publikum.
Fußball, Privilegien und Geschlechterkampf
Darum geht es im Musical: Im fiktiven Örtchen Sonnethal (real gedreht in Quedlinburg) fördert der Bürgermeister die um den Aufstieg in die Bezirksliga kämpfende Fußballmannschaft – mehr als gesund für den Stadthaushalt ist und nicht immer mit erlaubten Mitteln. Bis die neue Direktorin der Agrarschule Dr. Barbara Schwalbe (Dorit Gäbler) eine Frauenelf zusammenstellt. Angeführt von ihrer Schülerin Brigitte (Chris Doerk) werden bestehende Privilegien nicht mehr toleriert und eigene Ansprüche formuliert. Die Fußballjungs mit Mannschaftskapitän Bernd (Frank Schöbel) brauchen einen neuen Bus, die Frauen fordern einen neuen Jugendclub. Bis zum happy end wird getanzt, gesungen und gestritten. Zwischendrin gespickt mit Episoden und Bemerkungen aus dem realsozialistischen Alltag – von Subbotnik bis „Ich spende kein Geld, ich bin Rentnerin.“
Immer wieder Lacher im Saalpublikum.
92 Minuten und der Sinn?
Wer die Filmbeschreibung bei Wikipedia liest, weiß, dass dieser nun digitalisierte DEFA-Film leichte Kost ist. Umstritten schon vor 50 Jahren. Die Handlung sei seicht, sogar „dumm, witzlos.“ Darüber kann man streiten. Die Musik macht gute Laune. Muss man Liedzeilen wie „…heute hat die Sonne heiße Höschen an“ wirklich bierernst nehmen?

Filme der Berlinale-Retrospective liefen u.a. in der Akademie der Künste.
Das englischsprechende Paar neben mir findet den Sinn des englisch untertitelten Streifens nicht. Sie tippt kyrillische Buchstaben ins Handy. Er hatte sich vorher nicht über den Inhalt informiert und fragt mich nach Filmende. Als ich ihm sage, dass es zu DDR-Zeiten auch Unterhaltung gab, ist er erstaunt. Dass Chris Doerk und Frank Schöbel DIE Schlagerstars des Landes waren, wusste er nicht. „Ein bisschen verpackte Gesellschaftskritik kann man finden. Muss man aber nicht. Der Film hat keinen tieferen Sinn“, meine ich. Aus heutiger Sicht ist er lustig. Immerhin bleibt ein Evergreen im Ohr: „Die Sonne kommt immer wieder“.
Welche Berlinale-Filme auf die to-see-Liste kommen
Der Dokumentarfilm „Palliativstation“ von Philipp Döring wurde mit dem Heiner-Carow-Preis ausgezeichnet.
„Heldin“ von Petra Volpe erzählt die Geschichte der Pflegefachkraft Floria, die auf einer unterbesetzten Station im Krankenhaus arbeitet.
Der dänische Film „HJEM KAERE HJEM“ (Home Sweet Home) von Frelle Petersen zeigt den Alltag einer mobilen Seniorenpflegerin.
„MOTHER’S CHILD“ von Naomi Noir ist ein niederländischer Animationskurzfilm, der den Kampf einer Mutter und Vollzeit-Pflegekraft für ihren geistig und körperlich behinderten Sohn gegen Behörden-Bürokratie thematisiert.
„MIT DER FAUST IN DIE WELT SCHLAGEN“ (Punching the World) von Constanze Klaue erzählt vom perspektivlosen Aufwachsen zweier Brüder in der ostdeutschen Provinz.
Fotos: Dagmar Möbius