Einmal einen 200-Mark-Schein besitzen! Zwei davon bedeuteten Mitte der 1980-er Jahre ein Monatsgehalt einer angehenden Sprechstundenschwester. Noch vor dem offiziellen Kinostart am 25. Juli 2024 konnten Besuchende der bundesweiten Kinotour von „ZWEI ZU EINS“ mit etwas Glück einen solchen (nachgedruckten) Schein mit nach Hause nehmen. Doch gekommen waren sie wegen einer Komödie, die den ostdeutschen Nerv trifft.
Kinotour vor Kinostart
Weltpremiere hatte „ZWEI ZU EINS“ als Eröffnungsfilm des 41. Filmfests München 2024. Station 1 der Kinotour durch 38 deutsche Städte war das Dresdner Rundkino, das am Freitagnachmittag um 17 Uhr bei bestem Sommerwetter erstaunlich gefüllt war. Regisseurin Natja Brunckhorst und die Schauspieler Max Riemelt und Ronald Zehrfeld freuten sich über das lebhafte Interesse. Eine Stunde später lief der Film in der Schauburg und am Abend bei den Filmnächten. Trailer und weitere Stationen hier.
Worum es geht
Geschichtsexkurs: Am 1. Juli 1990 wurden anlässlich der Währungsunion Löhne, Gehälter, Renten, Mieten und Sparguthaben bis zu einem Betrag von maximal 6.000 DDR-Mark zum Kurs von 1:1 umgestellt. Darüber liegende Geldbeträge wurden im Verhältnis 2:1 umgetauscht.
Der nach einer wahren Begebenheit erzählte Film spielt im Sommer 1990 in Halberstadt. Das Trio Maren (Sandra Hüller), Robert (Max Riemelt) und Volker (Ronald Zehrfeld) findet in einem alten Stollen säckeweise altes DDR-Geld, das dort zum Verrotten eingelagert wurde. Die Verlockung ist groß und so startet ein lebhafter Schmuggel. Die ganze Hausgemeinschaft hilft mit, aus dem nun wertlosen Geld in Rekordzeit Profit zu schlagen. Statt auf der Insel landen die Diebe auf der Anklagebank. Doch so wirklich kann man ihnen nichts.
„ZWEI ZU EINS ist eine große Liebes- und Freundschaftskomödie über Geld und Gerechtigkeit. Und eine Hommage an eine sehr besondere Zeit, in der alles möglich schien.“
Von der Idee zum Film
Vor sechs Jahren las Regisseurin Natja Brunckhorst in einem Buch von Peter Ensikat, dass das Papiergeld der DDR in einem Stollen eingelagert wurde. Der Satz ließ sie nicht mehr los. 400 Tonnen wertlose Geldscheine, bestimmt zum Verrotten. Diese Diebesgeschichte wollte sie erzählen. Sie schrieb das Buch, stellte die Filmcrew zusammen und drehte den Film. Nicht in Halberstadt, sondern in Gera-Lusan. In der ehemaligen Jugendherberge mit früherer HO-Gaststätte fand die Hausgemeinschaft einen authentischen Ort. Nachdem das ehemalige Komplexlager 12 der NVA, in dem einst die Geldscheine eingelagert wurden, mehrfach den Eigentümer gewechselt hatte und sich nicht mehr im Originalzustand befand, wurden die Szenen im Stollen im Komplexlager 22 in Rothenstein bei Jena gedreht.
Darstellende Kunst
Alle Rollen der ostdeutschen Protagonist*innen wurden mit in der DDR geborenen Schauspieler*innen besetzt. Das war der westsozialisierten Regisseurin Natja Brunckhorst wichtig: „Sie sollten mir sofort auf die Füße getreten, wenn ich eine falsche Sicht auf die Dinge gehabt hätte.“ Neben Sandra Hüller als Maren, Max Riemelt als Robert und Ronald Zehrfeld als Volker brillieren Ursula Werner als Käte, Peter Kurth als Markowski, Martin Brambach als Lunkewitz und Uwe Preuss als Ex-Diplomat Dieter Kulitzka. Hilmar Eichhorn tritt vermittelnd als Hans-Dietrich Genscher auf. Über Olli Dittrich als typisches Exemplar eines Westhandelsvertreters können Wende-Zeitzeug*innen 35 Jahre nach den Ereignissen schmunzeln, über andere Episoden herzhaft lachen. Diese Leichtigkeit über die Leinwand zu transportieren, darf man getrost als darstellende Kunst bezeichnen. Zum Gelingen trug eine großartige Crew bei. Stellvertretend für alle seien hier Amaury Laurent Bernier und Hannah von Hübbenet genannt, von denen die Filmmusik stammt. Dass bewusst keine bekannten Lieder eingesetzt wurden, macht diese Komödie einmal mehr zu einer Entdeckung. Für Zuschauende aller Altersgruppen und jeder Herkunft.
Geld und Gerechtigkeit
Darum geht es in der sommerlichen Komödie, aber auch darum, was im Leben wirklich zählt: Freundschaft und Familie. Dem Kapitalismus haben die Halberstädter Diebe ein Schnippchen geschlagen, wenn auch kein nachhaltiges. Erwischt wurden im wahren Leben nur zwei. Und 200-Mark-Scheine (übrigens auch 500-Mark-Scheine) druckte die DDR zwar, im Umlauf waren sie aber nie.
Mehr solche Geschichten wünscht sich Schauspieler Ronald Zehrfeld, der nach der Aufführung viele 200-DDR-Mark-Scheine signieren musste. Wertlos ist das Filmgeld auf keinen Fall. Es erinnert an eine Zeit, die viel zu schnell verging, an Anarchie, Stolz, Bodenständigkeit und Humor.
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